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2021-01-14

Corona - been there, got the T-shirt

Corona - been there, got the T-shirt

Angeregt durch Anna Müllner (@adorabelle auf Twitter) habe ich mich entschlossen, auch einen Text darüber abzuwerfen. Die Seuche war zwar in der ersten Dezemberhälfte, aber das Shirt hatte ich erst gestern bestellt und heute traf es ein.


https://shop.art-worx.de/herren/3072/corona-virus-t-shirt

Viele der dort https://scilogs.spektrum.de/lifescience/my-corona-meine-ernuechternden-erfahrungen-mit-sarscov2 genannten Probleme hatte ich gar nicht (z.B. kein Sport – also kein potentiell verseuchtes Gym und keine Herzentzündung, an der man später tot umfällt). Außerberufliche Kontaktpersonen gab es keine – alle Privatkontakte außerhalb des Sommers waren auf digital umgestellt, nur arbeiten ging ich weiter (Computerfernwartung geht zwar auch von zuhause, aber wir versorgen Ärzte und gelegentlich muss man mal einen Drucker ausliefern oder so). Wir haben viel Platz, tragen alle Masken, und lüften viel, und die Hälfte ist in HO oder unterwegs, von daher ist das Risiko minimal, allerdings stellen wir weiter auf fast 100% HO um (Dinge aus dem Schrank ins Auto laden und zum Arzt fahren geht leider nicht online). Allerdings weiß ich inzwischen, dass ich die Seuche nicht von dort habe, in der Firma hatte es nämlich vor mir niemand und in der infragekommenden Zeit hatte ich auch keinen Außentermin. Angesteckt habe ich auch niemanden. Ich vermute als Quelle eine Aerosolwolke im Lebensmitteleinzelhandel, woanders unter Menschen war ich ja nicht.

Nullte Symptome

Das sind die, die ich erst hinterher bemerkt habe. Am Mittwoch (da war ich schon 5 Tage krank) schaute ich abends in mein Fitnessdingsi (Fitbit Ionic, das ist deren Topmodell – ich bin zwar nicht fit, aber man kann es ja auch als Fatnessdingsi nehmen) und stellte fest, dass mein Ruhepuls einen Tag vor Symptombeginn von 63 auf 67 gestiegen ist. Ich empfehle jedem, der ein derartiges Teil hat (Puls ist ja die Minimalausstattung auch der billigen Fabrikate), da gelegentlich reinzuschauen, dann weiß man einen Tag eher, dass man sterben muss.

PS 2021-01-20: Inzwischen gibt es zwei papers [5], [6], die das beschreiben.

Erste Symptome

Der spürbare Teil begann an einem Freitag nachmittags (am Vortag war ich noch auf einer Installation, dort habe ich aber dann angerufen, ich hatte auch da niemanden angesteckt, vermutlich dank Maske). Ich war einfach nur müde und matschig im Kopf (etwa wie bei akutem Coffeinmangel), und mir war im Büro bei 21° kalt, obwohl meine Wohlfühltemperatur eigentlich 19° ist[0].

Infektionsgefahr je nach Maske (gefunden bei Viperkeeper (Al Coritz) auf FB)
 

Nachts dann Fieber bis 39.5°, am Morgen total schlapp und Schnupfen und sonst nichts, 116117 angerufen und mich zu einer geeigneten Praxis dirigieren lassen. Dort: Thomapyrin verschrieben bekommen, Krankschreibung bis Mittwoch. Und Nasentropfen mit was drin, was auf "-azolin" endet, die man nur kurz nehmen darf, damit die Nase nicht abfällt. Diagnose: grippaler Infekt. Klang auch plausibel.

Pestdoktor. Quelle: scp-wiki.com, CC BY-SA 3.0

Richtige Untersuchung

Am Montag war ich bei meiner Hausärztin, sie fragte den gleichen Katalog ab wie die Notdienstpraxis (alles fehlte außer Fieber und Schnupfen, und letzteren hatte ich schon mein Leben lang, nur schwächer). Da sie eine tolle Ärztin ist, gab es trotzdem einen Abstrich [1] und Krankschreibung für eine Woche. Außerdem Umstellung von Thomapyrin auf nur Paracetamol (ist in ersterem auch drin, aber das hat außerdem ASS, was Magen und andere Dinge angreift; und Coffein, was ich beim Rumliegen eigentlich nicht brauche).

Ergebnis

Am Mittwoch morgen meldete sich die App und sagte positiv. Dann ging das große Telefonieren los: Firma, Gesundheitsamt, Hausärztin (sie bekam dann mittags auch das Ergebnis vom Labor), dann Ergebnis in der App freigeben.

Auch ich weiß übrigens nicht, was ich mit der App seitdem machen soll, sie sagt seither "Vielen Dank".

PS (2021-01-19): ich habe gefunden, was man mit der App machen soll: zurücksetzen [4] und wieder aktivieren. Der Gedanke ist, dass Reinfektionen zwar weniger wahrscheinlich sind, aber möglich (um 83%, siehe [3]).

Verlauf

Zum Glück habe ich gute Freunde, dadurch wurde ich per Telegram fernüberwacht (regelmäßige Fragen nach Fieber und Befinden). Als alles vorbei war, fragte ich nach: wenn ich nicht geantwortet hätte, hätten sie mir eine 112 geschickt.

Am Mittwoch hatte ich dann eine Tüte mit frischem Obst und einem Pulsoxymeter an der Türklinke, dann musste ich auf Telegram noch mehr berichten. Mein schlechtester Wert war 93% [2], Atemnot war nie. Nur der Hunger war stark vermindert, davon profitiere ich jetzt noch.

Ein Problem war nach einigen Tagen (da der Schnupfen auch nachgelassen hatte), dass ich quasi kein Kriterium hatte, festzustellen, wie krank ich eigentlich noch bin: Das einzige Symptom war Fieber, und das wurde durch Paracetamol unterdrückt. Ich hatte dann einmal die Abend-Tablette weggelassen, das war offenkundig zu früh.

Dann kam meine Hausärztin vorbei (nur bis an die Tür, und ich machte erst auf, als sie in sicherem Abstand war). Da ich ein fetter alter Sack bin, bestand immer noch die Gefahr, dass ich die Krankheit richtig kriege, deswegen gab's (nach Rücksprache mit Kollegen, wie sie mir erzählte) eine Tüte voll Clexane, zur Off-Label-Profi-Lachse. Ab da dann 10× abendlich aua (kann mal jemand Heparin zum Schlucken erfinden, wenigstens für Männer?).

Später kam noch ein edles Fresspaket von den Freunden, darin diesmal auf besonderen Wunsch meinerseits eine Ladung Leber. Und Batterien, danach musste ich noch mehr Daten ins Telegram tippen (das Blutdruckdingsi wollte 4× R6).

Gesundheitsamt

Gleich voraus: die, die sich dort quälen, können nichts dafür. Nach allem, was ich gehört hatte (https://ukw.fm/), habe ich auch nicht mehr erwartet. Am genannten Mittwoch hatte ich sie informiert, da wussten sie noch nix und leierten die übliche Belehrung runter. Zwei Tage war noch ein Gespräch (habe vergessen, ob ich dort anrief oder umgekehrt), da musste ich alles nochmal erzählen, weil der Zettel weg war. Mit Tontäfelchen wäre das nicht passiert.

Am 14.12. (dem darauffolgenden Montag) riefen sie wieder an und teilten mir mit, dass dies der letzte Tag der Isolation sei. Keine Ahnung was da genau die Regeln waren (10 Tage ab Symptome oder so), ich bin jedenfalls länger daheim geblieben. Eine Email wollten sie auch schicken. Die kam am 16. Vermutlich war die Kohle für den Dampfkessel des Mailservers alle.

Am 19. hatte ich dann einen Brief im Briefkasten (geschickt am 16.), dass ich bis zum 14. in Isolation bleiben soll. Und Klopapier aus dem Keller geholt, das war mein erster Kontakt zur Außenwelt.

Kontrollen der Isolation gab es nicht, allerdings glaube ich auch nicht, dass es eine relevante Zahl von Menschen gibt, die vorsätzlich ausbrechen. Für mich war während der Zeit die Bewegung zum Kühlschrank schwer genug.

Brief vom Gesundheitsamt

Abschluss

Am 19. fühlte ich mich wieder richtig. Der Sauerstoff war wieder bei 98%, das Fieber weg. Entweder war allerdings mein Schlafbedürfnis gestiegen, oder der Körper hat sich ans Rumgammeln gewöhnt und will jetzt Winterschlaf machen.

Fazit

1. Symptome sind doof. Alle. Auch wenn man selber fast keine hat.

2. Aufstehen bleibt abgeschafft. Ich denke, da stimmt mir die Chefprinzessin von der ganzen Welt zu.

3. Man darf soviel Knoblauch essen wie man will. In Isolation sowieso, und dann als Abstandswarner.

4. Die Regierung hat den Sommer über nichts getan, um die Ämter besser auszustatten (man hätte durchaus Personal für die einfachen Dinge wie Abtelefonieren der Kontakte usw. anlernen können, und kontaktbegrenzungsbedingt leerstehende Hotelzimmer o.ä. anmieten, falls der Platz nicht reicht).

5. Das ist harmlos verglichen mit dem Nichts, das für die Schulen getan wurde (ich habe allerdings gehört, dass es auf einigen Schulklos inzwischen Seife geben soll (die können aber auch Eltern gespendet haben)).

6. Man kann sich nicht schützen (nichtmal am Südpol ist man sicher), nur die Wahrscheinlichkeit reduzieren, dass es einen erwischt. Wenn man sich kümmert, ist man aus mathematischen Gründen (alle anderen haben n-2 Spreader um sich herum, man selber aber n-1) der, den es wahrscheinlich als ersten erwischt.

Koronabewusstester Mitarbeiter. Nicht vor dem hässlichen Bild erschrecken, das ist von wo ich klein war und Glatze am Kinn hatte.

Hinweise

Vitamin D: das ist umstritten (Überdosis ist giftig, Erhöhung über den Bedarf nutzt nix, und viele haben Mangel, aber keiner weiß wer). Es gibt viele Arbeiten dazu, und die großartige Mailab hat die alle gelesen, damit wir es nicht tun müssen: https://www.youtube.com/watch?v=ud9d5cMDP_0

Mit der Sauerstoffsättigung muss man aufpassen, der leicht messbare Wert ist die Sättigung, was man eigentlich will ist der Partialdruck, und die Kurve ist im oberen Bereich sehr flach – bei einem Rückgang des Partialdrucks auf 60% zeigt die Sättigung noch 90%, aber es geht einem schon dreckig.

Abhängigkeit der Sättigung vom Partialdruck (aus der englischen Wikipedia, public domain)

Das Fitnessdingsi kann übrigens den Sauerstoff messen, und die Vorgeschichte ist lustig. Als es 2017 erfunden wurde, war neben der grünen LED (für den Puls, das haben alle) noch undokumentiert eine rote und eine infrarote verbaut (einfach weil sie es konnten). 2020 kam dann ein Firmwareupdate, dann konnte das Teil auf einmal SpO2 ermitteln. Offenbar nicht genau, deswegen werden nur die Schwankungen angezeigt, nicht der Wert selbst. Zielgruppe sind eher Leute mit Verdacht auf Schlafapnoe, dauerhaft niedrige Sättigung kann es vermutlich gar nicht erkennen (weil die optischen Bedingungen nicht reproduzierbar sind). Einiges steht hier:

https://www.wareable.com/fitbit/fitbit-estimated-oxygen-variation-explained-7878

und einiges habe ich erst durch Unterhaltung mit @fitbitsupport erfahren (die dachten erst, ich hätte ein Problem, dabei wollte ich nur wissen, wozu die Kurve gut ist).

SpO2-Schwankung von letzter Nacht laut Fitnessdingsi.

Nachwort

Diese nette Lied von Balgeroth möchte ich den Bildungsministern der Länder widmen. Ich denke, sie erkennen sich darin wieder (Anfang bis 06:00).

https://www.youtube.com/watch?v=ZFnaFQPrANo

Für den Rest das hier (Torsun Burkhardt):

https://www.youtube.com/watch?v=ADNAmYzSOOg

Literaturempfehlung: alles von Indi Samarajiva, der Mann ist großartig:

https://indica.medium.com/

Zerocovid: https://zero-covid.org Nicht nur gucken, sondern unterzeichnen.

Tim+Pavel bei ukw.fm hatte ich schon genannt, und den Drosten-Podcast kennt sicher jeder (ich verlinke die momentan letzte Episode, von da aus findet man den Rest):

https://www.ndr.de/nachrichten/info/71-Mehr-Licht-am-Ende-des-Tunnels,audio811362.html

Lasst euch impfen, falls es geht. Ein Punkt, der in der Diskussion selten erwähnt wird: fast alle Nebenwirkungen der Impfung sind auch als Nebenwirkungen der Krankheit zu erwarten, da das Virus dieselben Proteine enthält, die bei der Impfung entweder verabreicht werden (Sinovac u.a., Schweinegrippe damals) oder deren Bildung durch die Impfung angeregt wird.

PS 2021-01-17: Bei den RNA-Impfstoffen ist es in den seltenen Fällen auch die Lipidhülle gewesen, aber nur bei Patienten, die bekanntermaßen Allergiker waren. Diese Personen werden separat geimpft und danach nicht 15 Minuten, sondern einen Tag lang beobachtet, damit man auch schwere Fälle sofort unter Krankenhausbedingungen behandeln kann.

Art-worx hat übrigens einen hübschen Aufkleber beigelegt.

Aufkleber von shop.art-worx.de

References

[0] Ist dir zu kalt, bist du zu mager

[1] Ich habe geschrien, seitdem bin ich überzeugt, dass zumindest Männer keinen Abstrich für PCR- oder Antigentest selbst hinbekommen, ohne dass die Schmerzen zum Abbruch der Prozedur und falschnegativem Ergebnis führen.

[2] Test nach Ende der Krankheit: wenn ich die Luft so lange anhalte, bis es unangenehm wird, bin ich bei etwa 90%.

[3] Covid-19: Past infection provides 83% protection for five months but may not stop transmission, study finds, BMJ2021;372:n124
DOI: http://dx.doi.org/10.1136/bmj.n124
PDF: https://www.bmj.com/content/bmj/372/bmj.n124.full.pdf

[4] Anleitung: https://www.coronawarn.app/de/faq/#recovered
Kurz (hier nur für Android, Äpfel habe ich nicht): Oben rechts auf die Pünktchen, "Einstellungen", "Anwendung zurücksetzen"
Danach wird man wieder durch die Anfangsmenüs wie nach der Installation geführt.

[5] Tejaswini Mishra, Meng Wang, Ahmed A. Metwally, Gireesh K. Bogu, Andrew W. Brooks, Amir Bahmani, Arash Alavi, Alessandra Celli, Emily Higgs, Orit Dagan-Rosenfeld, Bethany Fay, Susan Kirkpatrick, Ryan Kellogg, Michelle Gibson, Tao Wang, Erika M. Hunting, Petra Mamic, Ariel B. Ganz, Benjamin Rolnik, Xiao Li & Michael P. Snyder:

Pre-symptomatic detection of COVID-19 from smartwatch data 

Nature Biomedical Engineering volume 4, pages1208–1220(2020)

https://www.nature.com/articles/s41551-020-00640-6

[6] Robert P. Hirten MD, Matteo Danieletto PhD, Lewis Tomalin PhD, Katie Hyewon Choi MS, Micol Zweig MPH, Eddye Golden MPH, Sparshdeep Kaur BBA, Drew Helmus MPH, Anthony Biello BA, Renata Pyzik MS, Ismail Nabeel MD, Alexander Charney MD, Benjamin Glicksberg PhD, Matthew Levin MD, David Reich MD, Dennis Charney MD, Erwin P Bottinger MD, Laurie Keefer PhD, Mayte Suarez-Farinas PhD, Girish N. Nadkarni MD, Zahi A. Fayad PhD:

Longitudinal Physiological Data from a Wearable Device Identifies SARS-CoV-2 Infection and Symptoms and Predicts COVID-19 Diagnosis

https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.11.06.20226803v1.full.pdf